Indien nach der zweiten Welle: Ertüchtigung kirchlicher Gesundheitseinrichtungen steht im Vordergrund

Indien, in der die Delta-Variante des Corona-Virus zuerst aufgetaucht ist, hat die sog. Zweite Welle der Pandemie weitgehend überstanden. Nach einem Höhepunkt mit täglich mehr als 400.000 bestätigten Covid-19-Infektionen im Mai fiel die Zahl auf unter 40.000 Anfang August. Eine kurze Atempause für die vielen Christinnen und Christen, die in katholischen Einrichtungen einen bedeutsamen Teil des indischen Gesundheitswesens tragen – denn viele erwarten weitere Wellen.

Pfr. Renny Mundenkurian, Vizedirektor des Jubilee Mission Hospital in Thrissur. Foto: Pfr. Renny Mundenkurian

Pfr. Renny Mundenkurian, ehemals Pfarrvikar in der Diözese Rottenburg-Stuttgart und jetzt Vizedirektor des Jubilee Mission Hospital in Thrissur, macht die Lage große Sorgen – zu geringe Kapazitäten, Lieferprobleme bei medizinischen Gütern, nur fünf Prozent der Menschen mit Krankenversicherung: „Aufgrund dieser schwierigen Lage und der zwischenzeitlich sehr hohen Anzahl an Corona-Patienten ist eine umfassende medizinische Versorgung kaum noch gewährleistet. Dieser Umstand ist derzeit für alle im Krankenhaus tätigen Mitarbeiter und Ärzte eine extrem belastende und kaum zu bewältigende Herausforderung.“

Viele indische Partner der Diözese Rottenburg-Stuttgart im Gesundheitsbereich nutzen die Atempause, um zumindest ihre Einrichtungen für den Kampf gegen die Corona-Pandemie zu ertüchtigen. Die Hauptabteilung Weltkirche unterstützt sie nach Möglichkeiten dabei, wie drei Beispiele zeigen:

Ein geländegängiger Krankenwagen für das Impfprogramm auf dem Lande

Die Jesuiten in Andrah Pradesh und Telangana beschafften mit Hilfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart einen neuen, geländegängigen Krankenwagen. Das Ziel ist eigentlich, gemeinsam mit den St.Anne-Ordensschwestern in entlegenen Regionen Gesundheitsvorsorgecamps durchführen zu können. Derzeit leisten sie aber fast nur noch Notfallversorgung für Covid-19-Erkrankte. Dadurch kommt die Gesundheitsversorgung bis zu denjenigen, die sonst keinen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen haben. Auch Covid-19-Impfungen werden mittlerweile durchgeführt und in entfernte Orte wie Katukapally getragen.

Solarstrom für eine verlässliche und bezahlbare medizinische Versorgung

In Ernakulam in Kerala betreibt die Diözese Cochin das gemeinnützige Fatima Krankenhaus. Dort wurde mit Unterstützung der Diözese Rottenburg-Stuttgart eine 100 kWp-Photovoltaikanlage installiert, um die chronisch instabile Energieversorgung sicherzustellen, um Emissionen einzusparen und um noch mehr Menschen eine kostenfreie oder günstige Behandlung anbieten zu können. Dies sei auch dringend nötig, wie Bischof Joseph Kariyil bei der Einsegnung am 19. Juli 2021 betont hat, denn von 100 Covid-19-Schnelltests seien derzeit 11 positiv!

Versorgungssicherheit durch eigene Sauerstofferzeugung

Einen ähnlichen Weg geht das oben bereits genannte Jubilee Mission Hospital der Erzdiözese Trissur. Von den 1500 Betten des Krankenhauses werden viele für Covid-19-Behandlungen genutzt: die leichteren Fälle in einem Isoliertrakt, die schweren auf der Intensivstation. Die Sauerstoffversorgung machte dem Krankenhaus auf dem Höhepunkt der zweiten Welle massiv zu schaffen, schließlich benötigt die Beatmung eines Covid-19-Patienten fünf bis zehn Mal so viel Sauerstoff wie andere Operationen oder Behandlungen, bei denen Sauerstoff zugeführt werden muss. Während der Bedarf stark anstieg, waren nicht ausreichend Lieferkapazitäten auf dem Markt, was zu einem Anstieg der Preise führte. Mit Unterstützung der Diözese Rottenburg-Stuttgart wird derzeit eine eigene Anlage zur Sauerstofferzeugung im Jubilee Mission Hospital gebaut, um die medizinisch gebotene Versorgung mit Sauerstoff sicherzustellen und Kosten zu sparen, die den Patienten wieder zu Gute kommen. Fr. Renny hofft, dass die Anlage rechtzeitig fertig wird, bevor eine mögliche dritte Welle zuschlägt.

Dr. Wolf-Gero Reichert