Tansania: Aberglaube und Politik in Zeiten von Corona

Die katholische Kirche in Tansania hält mit diakonischem Glauben dagegen

Tanzania Human Rights
Oct. 26, 2015, file photo, a Tanzanian woman walks past a billboard for the ruling party's then presidential candidate John Magufuli, in Dar es Salaam, Tanzania. (AP Photo/Khalfan Said, File)

Glaubt man den offiziellen Zahlen, so hat die Covid-19-Pandemie Tansania bisher verschont: Stand 25.05.20 gibt es nur 509 aktive Fälle, 21 Tote und 183 Genesene bei einer Bevölkerung von etwa 60 Millionen Menschen. Für Präsident John Magufuli zeigt dies unmissverständlich den Erfolg seiner Strategie: Gott hat die Gebete der Tansanier erhört.

Seit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus in Tansania im März 2020 hat Präsident Mafuguli keine Gelegenheit versäumt, die Gefahr des Virus und seiner Verbreitung zu verharmlosen. Das hat zu Unsicherheit und Angst in der Bevölkerung, aber auch zu Kritik und Misstrauen seitens der Nachbarländer und der Weltgesundheitsorganisation geführt.

Zwar wurden Schulen und Universitäten sofort geschlossen, doch sind nach dem Willen des Präsidenten neben den Märkten auch Kirchen und Moscheen stets geöffnet geblieben. Da diese, wie der bekennende Christ Magufuli Ende März in der überfüllten katholischen Kathedrale von Dodoma erklärte, die einzigen Orte seien, an denen wirkliche Heilung stattfinde. Er forderte alle Tansanier auf, ohne Angst die Gotteshäuser zu besuchen, um mit ihren Gebeten das "satanische Virus" zu bekämpfen. "Corona kann im Leib Christi nicht überleben" ist nur eine der prägnantesten Äußerungen des Präsidenten der letzten Wochen.

Ob diese Strategie wirklich aufgeht, kann nicht überprüft werden. Trotz heftiger Proteste der Opposition lässt die Regierung das Land über die Ausbreitung der Pandemie im Dunkeln, denn die Daten über die Infektion werden seit Ende April nicht mehr aktualisiert. Kritiker vermuten, dass dies mit der Wiedereröffnung des Luftraums zu erklären ist, die am 18. Mai 2020 verkündet wurde. Der Regierung geht es darum, baldmöglich "mit offenen Armen" die vielen Touristen zu empfangen, die darauf warten, das „wunderbare Tansania“ zu besuchen. Präsident Magufuli bringt dies auf den Punkt: "Unsere Wirtschaft kommt vor dem Kampf gegen Covid-19".

Manch einer in der katholischen Kirche in Tansania sieht das offenbar anders. Denn wer glaubt, ein Virus lasse sich einfach „wegbeten“, der braucht sich für keine Notsituation zu rüsten. Aber genau das tun Partner der Diözese Rottenburg-Stuttgart, zum Beispiel in den Diözesen Kayanga und Kigoma im Norden und Tunduru-Masasi im Süden des Landes. Ihnen geht es vor allem um Präventionsmaßnahmen für kirchliche Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und um Nothilfe in Form von Lebens- und Desinfektionsmitteln für betroffene Bedürftige. Sie hegen die Hoffnung, dass ein derart gelebter Glaube am Ende des Tages mehr vom Heil Gottes erfahrbar macht als – im Sinne von Jakobus 2,15 – „unnützes Gebet“, das in diesem Fall sogar gefährlich sein kann.

Flavia Rizzi, Regionalreferentin für das anglophone Afrika