Gutes ökologisches Gewissen auf Kosten indigener Bevölkerungen des Südens?

Ökumenischer Strategietag diskutiert über Ressourcengerechtigkeit und die Rolle der Kirchen.

Zwei große Herausforderungen, die Digitalisierung und die Umstellung auf erneuerbare Energien, werden in den nächsten Jahren eine große Menge an Rohstoffen benötigen, vor allem Metalle und Seltene Erden. Den Preis für technologisches und wirtschaftliches Wachstum und die ökologische Transformation hierzulande aber bezahlen die Herkunftsländer dieser Rohstoffe im Globalen Süden – in Form von Umweltzerstörung und Krankheiten, von sozialen Konflikten und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Leidtragende sind sehr häufig die indigenen Menschen, die keinerlei Mitentscheidungsmöglichkeit darüber haben, was auf ihren Siedlungsgebieten durch internationale Bergbau-Unternehmen und korrupte Regierungen angerichtet wird.

Darüber diskutierten im Januar auf dem Ökumenischen Strategietag zur Entwicklungspolitik der vier großen Kirchen in Baden-Württemberg (per Video-Konferenz) die Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brandtner (Grüne) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Christian Kühne, Geschäftsführer des Thinktanks Industrielle Ressourcenstrategie in Baden-Württemberg sowie Vanessa Schaeffer, Anwältin in Peru und derzeit als Beraterin für Bergbau in der Erzdiözese Freiburg tätig, mit zahlreichen zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Die Zielkonflikte sind offenkundig: Wirtschaftliches Wohlergehen und ein gutes klimapolitisches Gewissen hier gehen zu Lasten insbesondere der Armutsbevölkerung des Globalen Südens. Was aber sind die Lösungen? Könnten sie darin liegen, die Herkunftsländer der benötigten Ressourcen bei der Entwicklung umwelt- und sozialverträglicher Technologien zu unterstützen? Bestehen sie in einer Kombination von ressourceneffizienten Technologien und einer verstärkt forcierten Kreislaufwirtschaft sowohl hier als auch in den Ländern des Südens, denen mehr von der Wertschöpfungskette belassen werden sollte – verbunden mit höheren Preisen hier? Dabei, so Vanessa Schaeffer, darf die Thematik nicht auf einen technologischen Diskurs reduziert, sondern muss um eine Menschenrechtsdebatte ergänzt werden. Was aber, wenn Staaten des Globalen Südens das Beharren auf Umwelt- und Menschenrechte als neokoloniale Einmischung ablehnen?

Ein großes Konfliktpotential hierzulande scheint am Horizont auf, wenn ernsthaft darüber diskutiert wird, auch die in Deutschland vorhandenen Rohstoffvorkommen abzubauen – Lithium etwa im Oberrheingraben oder Seltene Erden im Grenzgebiet von Deutschland und Tschechien.

Die Kirchen, so Franziska Brandtner, hätten bei diesen tiefgreifenden gesellschaftlichen Debatten eine wichtige Aufgabe, seien sie es doch, die universale Werte verkörperten.

Dr. Thomas Broch

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