„BEI MAHER GIBT ES IMMER EINEN PLATZ MEHR.“

Zwischen Papst Franziskus und Taylor Swift hat es Sister Lucy Kurien auf die Liste der inspirierendsten Menschen der Welt geschafft.

Als „eine Heldin“ beschreibt das Call Magazine Sister Lucy Kurien, die Gründerin des Frauenhilfswerk Maher, das seinen Anfang 1997 nahe Pune im indischen Bundesstaat Maharasthra nahm und inzwischen auf 68 Frauenheime in sieben indischen Bundesstaaten angewachsen ist. Sr. Lucy  wurde auf Platz 30 von 100 der inspirierendsten Menschen der Welt 2024 gewählt. Sie ist ebenso Projektpartnerin der Hauptabteilung „Weltkirche“ der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie des Theologischen Mentorats in Tübingen.

 

Die private indische Hilfsorganisation Maher („Haus der Mutter“) kümmert sich – ähnlich wie in Deutschland die Frauenhäuser – um missbrauchte und vernachlässigte Frauen. Erstmals soll es nun 20 km von Pune entfernt, in Manhri Khurd, auch ein Haus für ältere Frauen geben. Das Besondere an Maher ist, dass es ausschließlich mittellose Frauen aufnimmt und die Unterbringung kostenlos ist.

„Ich fühle mich zutiefst geehrt und bescheiden, in der Gesellschaft so vieler inspirierender Führungskräfte zu sein. Ich bin zwar dankbar für diese Anerkennung, aber sie gebührt auch allen, die unsere Arbeit möglich machen – den Mitarbeitern, unseren Bewohnern, den Dorfbewohnern, die an unseren Programmen teilnehmen, und nicht zu vergessen unseren Freunden, Spendern und Unterstützern“, sagt die Ordensfrau im Interview.

Sie höre oft, dass die Menschen von der Arbeit von Maher inspiriert seien. Am glücklichsten aber sei sie, wenn eine Frau mit ihren Kindern sicher in die Gemeinschaft zurückkehre und die in Maher betreuten Kinder eine Ausbildung erhielten, eine Arbeit fänden und eine eigene Familie gründeten. Die alten Menschen in Maher sollen sich respektiert und geliebt fühlen, sagt Sr. Lucy. Es erfülle sie freilich auch mit Freude, wenn Maher als Vorbild für ähnliche Organisationen diene.

Die Frauenheime von Maher bieten misshandelten und armen Frauen und ihren Kindern, Waisen, Kindern, deren Familien nicht für sie sorgen können, Vergewaltigungsopfern und unverheirateten Müttern sowie obdachlosen Männern Liebe, Fürsorge, Unterkunft, Nahrung und Kleidung – unabhängig von Kaste oder Religion. „Bei Maher gibt es immer Platz für einen mehr“, sagt Sr. Lucy. 

Maher unterstützt 25 Projekte in mehr als 90 Dörfern, die sich auf Gesundheitserziehung, Gewaltprävention, Kompetenzentwicklung, Jugendausbildung und Mikrokredite konzentrieren. Bei Unglücksfällen wie COVID oder Naturkatastrophen werden Menschen unterstützt, ebenso in Slums, Migranten- und Bettlerkolonien und Stammesdörfern.

Die Gründung von Maher geht auf einen schrecklichen Vorfall zurück. Eine Frau wurde von ihrem Mann angezündet. Sr. Lucy konnte sie und ihr ungeborenes Kind zwar nicht retten, aber mit Hilfe von P. Francis D’Sa SJ war sie in der Lage, für andere Frauen eine sichere Unterkunft zu schaffen.

Seitdem haben mehr als 5250 Frauen und 5900 Kinder bei Maher ein Zuhause gefunden, und zwar so lange, wie sie es brauchen. Auch ein Heim für mittellose Männer wurde eröffnet. Außerdem wurden Programme zur Gesundheitserziehung und zur Vergabe von Kleinkrediten ins Leben gerufen. „Wir bei Maher träumen davon, dass es eines Tages keine Organisationen wie uns mehr braucht“, sagt Sr. Lucy.

Wer inspiriert die Ordensfrau selbst? „Oh, da gibt es vieles. Ich werde jeden Tag von den Frauen, Kindern und Männern inspiriert, die zu Maher kommen, um ein neues Leben zu beginnen. Ihr Mut, ihre Stärke und ihre Entschlossenheit, Armut, Hunger, Gewalt, Verlust und Verlassenheit zu überwinden, geben mir große Hoffnung für Indien und die Welt.“

Constanze Stark/Dr. Wolf-Gero Reichert

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