Ausbildung für junge Mütter

Ein Projekt der Kleinkindpastoral in der Erzdiözse Guatemala-Stadt

 

Maria Grazia hatte bereits drei Kinder, als sie während ihrer vierten Schwangerschaft das Projekt der Familienpastoral in der Erzdiözse Guatemala-Stadt kennenlernte. Eine Nachbarin arbeitet in dem Projekt zur Unterstützung junger Mütter und berichtete ihr davon. Maria Grazia erzählt Erstaunliches: „Ich habe ein Kind, das behindert ist, aber ich wusste nicht, warum es sich anders verhält als meine anderen Kinder. Erst durch den Kontakt mit den Mitarbeiterinnen der Kleinkindpastoral wurde mir klar, dass es behindert ist und ich erhielt Hilfe, um gut mit ihm umgehen zu können.“

Ich besuchte das Projekt in La Verbena, einem Armelviertel in Guatemala-Stadt, wo 70.000 Menschen in großer Armut leben. Eine hohe Kriminalitätsrate ist die fatale Folge. Besonders hat mich aber erschrocken, dass direkt neben dem Armenviertel die große Müllkippe der Stadt liegt und der beißende Geruch, der überall in der Luft liegt, kaum auszuhalten ist. Ich konnte den Brechreiz kaum unterdrücken, aber diese verpestete Luft müssen viele Familien mit ihren Kindern jeden Tag einatmen. Ungeziefer und Krankheiten sind hier an der Tagesordnung. Ich bin erstaunt, wie zufrieden die Menschen trotzdem in diesem Stadtteil wirken.

Das Projekt für schwangere Mütter und Mütter mit kleinen Kindern wurde von Schwester Geanni Ramos ins Leben gerufen, die ich schon seit vielen Jahren kenne, als sie noch keine Schwester war und im IGER, einer Institution zur Bildung der armen Bevölkerung, vor allem auf dem Land, arbeitete. Nun freue ich mich, sie wiederzusehen mitten im Zentrum der Armut und Bedürftigkeit der Zweieinhalbmillionenstadt und sehe, wie wichtig es ist, dass die Stiftung Weltkirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart dieses Projekt unterstützt.

Den Menschen, die hier im Armenviertel leben, fehlt es an der nötigen Bildung. Gerade die jungen Mütter, häufig müssen sie ihre Kinder ohne Vater aufziehen, wissen viel zu wenig über Schwangerschaft und wie sie ihre Kinder gut aufwachsen lassen können. Im Projekt gibt es insgesamt 56 ehrenamtliche Frauen, die in diesen Fragen gut ausgebildet sind und welche die jungen Mütter jeden Monat zu Hause besuchen. Sie sprechen mit ihnen über die grundlegenden Dinge wie Ernährnung, Hygiene, Impfung, Rechtsfragen etc. Besonders die Ernährungsberatung ist wichtig, da in Guatemala die Hälfte der Kinder unter- oder mangelernährt ist. Die Zentrale der Kleinkindpastoral, in der nur eineinhalb bezahlte Stellen eingerichtet sind, gibt ihnen dafür gute Materialien an die Hand. Es beeindruckt mich, dass alle Mitarbeiterinnen sich ganz selbstverständlich als Teil der Pastoral der Erzdiözse verstehen, auch wenn es um Gesundheit, Bildung und um soziale Fragen geht.

Maria Grazia, die ihren zweijährigen Sohn Alejandro auf dem Arm trägt, ist sehr froh, dass sie Hilfe durch dieses Programm erhalten hat und auch weiterhin erhält. Ihre Nichte hält ihr erstes Kind, Eduardo, hoch. Sie wird ebenfalls von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Projekts betreut. Bis zum sechsten Lebensjahr ihres Sohnes darf sie sich auf die Besuche der Frauen freuen. Besonders schön findet sie die „Feste des Lebens“ die sie immer wieder miteinader feiern und auch andere Frauen mit ihren Kindern dazu einladen. Diese Feste dienen der Akzeptanz von Kindern auch in schwierigen sozialen oder familiären Situationen. Die Frauen feiern ihre Schwangerschaft und die Geburt ihrer Kinder mit gemeinsamen Mahlzeiten und Gebeten. Sie danken Gott für das Geschenk des Lebens. Und dieses Geschenk scheint hier besonders kostbar zu sein.

 

Guatemala-Stadt, 10. Oktober 2019
Domkapitular Dr. Heinz Detlef Stäps
Vorstand der Stiftung Weltkirche